Was ist mit der Musikbranche los?
Ein vielleicht etwas zu realistischer Artikel über die Musikbranche in 2025.
9. November 2025
Was ist eigentlich mit der Musikbranche los?
Die Musikbranche fühlt sich gerade ein bisschen an wie ein Ort, an dem alle gleichzeitig rennen – aber niemand so richtig weiß, wohin. Während die großen Acts Rekordzahlen schreiben und ausverkaufte Hallentouren spielen, wirken viele Künstler*innen, Clubs und ganze Szenen erschöpft, überlastet und finanziell am Abgrund. Was geht da eigentlich ab?
Streaming: Alle hören, niemand verdient
Es ist längst kein Geheimnis mehr: Streaming dominiert den Musikkonsum, aber die wenigsten Künstler:innen können davon ansatzweise leben. Ein Play ist nicht mal mehr einen Cent wert – während es zwar deutlich einfacher geworden ist, Musik zu produzieren, die Kosten dafür allerdings nicht wirklich gesunken sind. Jede Person, die etwas Ahnung von BWL hat, dürfte hier die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
Klar, Streaming hat Türen geöffnet. Aber gleichzeitig hat es ein System geschaffen, in dem nur die Top 1 % wirklich profitieren, während der Rest unterhalb der Sichtbarkeitsgrenze verhungert. Schwierig.
Algorithmen als Gatekeeper
Algorithmen als Gatekeeper
Der Algorithmus ist inzwischen A&R, DJ, Kurator und Türsteher – alles in einem. Und er hat einen Typus Musik erschaffen, der perfekt funktioniert: kurz, hooky, playlist-tauglich.
Für junge Artists bedeutet das: Wenn du nicht sofort performst, wirst du aussortiert. Kein viraler Moment? Kein Playlist-Spot? Dann wirst du unsichtbar – egal, wie gut deine Musik ist. Die Chancen, im Ozean aus Releases gesehen zu werden, sinken. Kreativität wird kalkulierter, Risiko kleiner, das Raster enger. Schwierig.
Unsere Musikempfehlungen
Touren lohnt sich kaum noch
Früher galt: Wenn du vom Streaming nicht leben kannst, geh auf Tour.
Was wäre das schön! Die Realität ist leider eine andere. Vorverkäufe bleiben aus, selbst für Artists mit soliden Follower-Zahlen. Die Inflation trifft Crew, Mietbusse, Sprit, Hotels, Essen. Kein Vorverkauf bedeutet keine Planungssicherheit – und keine Planungssicherheit bedeutet abgesagte Touren. Für viele Acts ist Touren längst kein Break-even-Business mehr, sondern ein finanzielles Risiko. Schwierig!
Clubs sterben – und damit Kultur
Während internationale Groß-Acts Stadien füllen, kämpfen kleine Clubs ums Überleben. Besucherzahlen sinken, Förderungen sind unsicher (viele gibt es leider auch nicht mehr), Mieten explodieren. Menschen gehen zwar gerne auf Konzerte – aber eben zu den Namen, die sie schon kennen. Der Rest muss sich hinten anstellen. Ist ja auch irgendwie verständlich, wenn Konzerttickets für bekannte Acts locker mal 150 € aufwärts kosten. Doch genau diese kleinen Shows, die verschwitzten 200er-Läden, waren immer und sind das Herz der Musikszene.
Wenn sie sterben, stirbt auch ein Teil der musikalischen Zukunft.
Social-Media-Druck & DIY-Overload
Bestimmt hat sie jeder schon mal gesehen – Memes darüber, was die Leute denken, wie der Alltag als Künstler oder Künstlerin aussieht. Auf der einen Seite eine in Saus und Braus lebende oder den ganzen Tag chillende Person mit Gitarre auf dem Schoß. Auf der anderen Seite ein Multitasking-Genie, das vom Künstlerin-Sein zu Content-Creation, Grafikdesign, Organisation, Marketing, Social-Media-Strategie, Management, Logistik und Finanzen so viele Bereiche abdecken muss, dass es fast schon lustig ist. Allerdings ist Letzteres in den meisten Fällen die Realität.
Einfach nur Kunst machen? Kaum möglich. Die Aufmerksamkeitsspanne auf Social Media ist bereits auf dem Tiefpunkt, Content muss konstant kommen, und wer nicht liefert, fällt hinten runter. Der Druck, jeden kleinen Moment monetarisieren und verwerten zu müssen, ist enorm. Und dabei soll man sich auch noch regelmäßig selbst neu erfinden. Wild!
Und trotzdem: Hoffnung gibt’s!
Trotz all dem entstehen neue Kollektive, unabhängige Labels, solidarische Strukturen. Fans unterstützen Artists direkt, kaufen Vinyl, crowdfunden Touren, beleben lokale Szenen.
Echte Bewegung passiert nicht im Algorithmus, sondern im echten Leben – in Gemeinschaft, in kleinen Räumen, in Momenten, die man nicht swipen kann.
Vielleicht ist es genau das, was die Branche wieder braucht: weniger KPI, mehr Kultur. Weniger Reichweite, mehr Räume. Weniger Algorithmus, mehr Begegnung.
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